INTERVIEW

Die Bayerische und KPMG  

mit Judith Lechermann (die Bayerische)

Thema: Tragweite & Bedeutung des Themas ESG für die Bayerische

Die Bayerische hat bereits vor einigen Jahren begonnen, sich in Sachen Nachhaltigkeit und ESG zu engagieren. In einer umfangreichen Studie untersuchte die Zielke Research Consult GmbH gemeinsam mit MORGEN & MORGEN im Jahr 2022 die Nachhaltigkeit von deutschen Versicherungen. Als einer von nur zwölf Versicherern erreicht die Bayerische das Rating „Gold“.

Roman: Welchen Stellenwert besitzt das Thema ESG bei der Bayerischen und welche größeren Herausforderungen siehst du für die Zukunft?

Judith: Wir investieren im Rahmen unserer eigenen Kapitalanlage über unsere Pangaea-Life-Fonds in nachhaltige Sachwerte wie erneuerbare Energien und energieeffiziente / sozial positive Wohnimmobilien. Darüber hinaus unterstützen wir verschiedene gemeinnützige Organisationen.

Eine Herausforderung für die Zukunft wird es sein, der Nachhaltigkeitsmüdigkeit durch Transparenz und Ehrlichkeit entgegenzuwirken. Zum Beispiel indem man aufzeigt, dass persönlicher Nutzen wie Rendite und nachhaltige Wirkung Hand in Hand gehen.

Thema: ESG und M&A – Wie hängt das zusammen? 

Roman: Judith, du hast eine Vergangenheit in der Transaktionsberatung und bist heute Mitglied des Vorstands der Bayerischen Digital-Beteiligungs-AG und zuständig für M&A.

Wie hängen denn die Themen ESG und M&A zusammen und inwieweit bewegt ESG bereits die M&A-Strategie der Bayerischen?

Judith: Unser Nachhaltigkeitsziel und damit ESG-Aspekte sind sowohl in der Kapitalanlage als auch in der M&A-Strategie zentral verankert. So hat die Bayerische mit Pangaea Life bereits 2017 ein Versicherungsprodukt aufgelegt, mit dem in nachhaltige Sachwerte, wie erneuerbare Energien und nachhaltiges Wohnen, investiert werden kann. Ziel ist es, die attraktivsten Renditechancen für nachhaltige Investments zu identifizieren. Grundsätzlich sind diese Aspekte aber auch im Rahmen jeder Due Dilligence Berücksichtigung zu finden und wirken sich somit auch auf die Bewertung aus.

" Eine schlechte ESG-Performance führt mit hoher Wahrscheinlichkeit zu zukünftigem Investitionsbedarf. Es ist daher unerlässlich, die ESG-Performance eines Targets bereits im Rahmen der Due Diligence zu beleuchten."

Judith Lechermann, Bayerische Digital-Beteiligungs-AG

Thema: ESG im Transaktionsprozess

Roman: Ein frühzeitiges Auseinandersetzen mit der ESG-Performance eines Zielunternehmens ist entscheidend für den Transaktionsprozess. So können z. B. mögliche Reputationsrisiken für die eigene Unternehmensgruppe minimiert werden. 

Welche zusätzlichen Vorteile siehst du?

Judith: Unsere Nachhaltigkeitsstrategie ist fest in der Bayerischen verankert. Eine frühzeitige Auseinandersetzung mit der ESG-Performance minimiert daher den Integrationsaufwand. Eine positive Umsetzung kann sich wiederum auf den Kaufpreis auswirken. Schließlich erhöht eine schlechte ESG-Performance die inhärenten Risiken meines Targets, eine positive Performance reduziert sie. Dies muss ich entsprechend in den Cashflows berücksichtigen.

Thema: Anforderungen an Targets/Investments

Roman: Im Sommer letzten Jahres hat sich die Bayerische mit 9,5 Prozent am digitalen Vorsorge- und Bestattungsunternehmen November beteiligt. Der Dienstleister gilt als Vorreiter in puncto Klimaschutz und Nachhaltigkeit.

Welche Anforderungen stellst Du/stellt die Bayrische an (potenzielle) Zielunternehmen und inwieweit hat die positive ESG-Performance in dem konkreten Deal eine Rolle gespielt?

 Judith: Grundsätzlich müssen die Targets/Investments in die Kapitalanlage- bzw. M&A-Strategie passen. ESG-Themen sind eine Komponente, Rendite, Synergien zum Kerngeschäft und Sicherheit sind weitere Aspekte. Eine schlechte Performance beim Thema ESG ist ein Deal-Stopper. Wichtig ist, dass sich ESG nicht nur auf Umwelt, sondern auch auf soziale und ethische Kriterien bezieht.

Thema: ESG Due Diligence durch KPMG

Roman: Wir unterstützen unsere Kunden bei der Erfassung und Beurteilung wesentlicher ESG-bezogenen Chancen und Risiken innerhalb einer Transaktion und bewerten diese auch im Hinblick auf den Unternehmenswert der jeweiligen Zielgesellschaft.

Warum ist die Durchführung einer ESG-Due-Diligence aus deiner Sicht entscheidend?

Judith: Eine gute ESG-Performance ist kritisch für den zukünftigen Unternehmenserfolg geworden. Eine schlechte Performance führt mit hoher Wahrscheinlichkeit zu zukünftigem Investitionsbedarf bzw. Kosten, die in der Planung berücksichtigt werden müssen und sich somit in der Bewertung und Kaufpreisfindung niederschlagen müssen. Es ist daher meines Erachtens unerlässlich, dieses Thema bereits im Rahmen der Due Diligence zu beleuchten, um die wesentlichen Auswirkungen auf das Geschäftsmodell des Targets zu identifizieren.

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Judith Lechermann

Mitglied des Vorstandes,
Bayerische Digital-Beteiligungs-AG

Judith Lechermann beginnt ihre berufliche Laufbahn als Prüfungsassistentin im Bereich Versicherungen. Nach zwei Jahren verstärkt sie ihren Fokus auf Transaktionen durch einen Wechsel in die Transaktionsberatung für Versicherungen und Start-Ups. Jetzt ist sie bei der Bayerischen zuständig für M&A und verantwortet als Vorständin der Bayerischen Digital-Beteiligungs-AG die Beteiligungen im Digitalisierungskontext.

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Roman Albrecht

Manager FS Deal Advisory,
KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

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