ARTIKEL

Ist generative KI relevant für die Finanzfunktion? 

von Friedrich Bolz und Martin Hoser

Die Modernisierung der Finanzfunktion ist eine der drängenden Aufgaben für Versicherer. Und gleichzeitig blicken immer mehr Abteilungen im Unternehmen auf die Finanzfunktion, um Daten, Erkenntnisse und strategische Entscheidungshilfen zu erhalten – ein weiterer Personalaufbau ist für diese Aufgaben nicht vorgesehen.

Immer mehr Finanzabteilungen stehen vor der Herausforderung: Doing more with less – sie müssen mehr schaffen mit, im Vergleich, geringeren Ressourcen. Generative künstliche Intelligenz (KI) bietet für solche Bemühungen um Effizienzsteigerung eine Steilvorlage. Ist generative KI relevant für die Finanzfunktion?

Wir sagen: Ja, das ist sie – und ihre Möglichkeiten werden immer größer.

Konkrete Use Cases sehen wir in den folgenden drei Bereichen:

Szenarien/Entscheidungsunterstützung

Durch Nutzung interner sowie externer Daten kann KI Szenarien durchspielen, um beispielsweise adverse Entwicklungen am Kapitalmarkt zu simulieren und gleichzeitig Vorschläge zur Mitigierung zu unterbreiten und damit echte Entscheidungsunterstützung für den Vorstand liefern.

Auskunftssystem (GenAI)

Eine KI kann Geschäfts- und Finanzfachleute bei der Buchhaltung beraten ("Hey ChatBot, unsere Asset Manager haben ein neuartiges Wertpapier gekauft. Wie soll ich das buchen?"). Dies bedeutet, dass KI Accountants dabei unterstützen kann, Antworten auf verschiedenste Fragen im Tagesgeschäft zu erhalten, oder aber auch zukünftig auf Änderungen in Gesetzen und Verordnungen proaktiv themenspezifisch hinzuweisen.  

Finanzberichte (GenAI)

Das Berichtswesen folgt von Periode zu Periode grundsätzlich einem ähnlichen Aufbau, welcher typischerweise bereits heute in Softwaretools festgehalten wird, um die Arbeit zu erleichtern. KI geht einen Schritt weiter und kann Versicherer in die Lage versetzen, Veränderungsanalysen und Aussagen auf Basis aktueller Kennzahlen, etwa im Lagebericht, neu zu formulieren. Zudem werden bereits erste Ansätze für die Nutzung von generativer KI in der Erstellung von Rohfassungen für Finanzberichte verfolgt.

Mit Hilfe bewährter Methoden ist es bereits heute möglich, Analysen wie etwa die Darstellung von Veränderungen zur Vorperiode weitgehend automatisiert durchzuführen. KI kann Versicherungsunternehmen nun dabei helfen, die Genauigkeit und Geschwindigkeit ihrer Finanzberichterstattung zu verbessern, wodurch sie in die Lage versetzt werden, fundierte Entscheidungen zu treffen und ihre finanzielle Gesamtleistung zu steigern.

Grundsätzlich gilt: Um die tatsächliche Leistung von (generativer) KI nutzen zu können, benötigen Unternehmen einen modernen Technologie-Stack, Zugang zu hochwertigen Daten und die Fähigkeit, neue Technologien zu integrieren.

Da die Durchdringung durch GenAI noch jung ist, bedeutet deren Einsatz stets ein wachsames Auge. Zum einen wird die Regulatorik in diesem Bereich durch den EU AI Act stark anziehen (dieser wurde am 13. März 2024 vom Europäischen Parlament verabschiedet), was umfangreiche Analysen von eingesetzten Tools und Methoden auf Anwenderseite bedeuten wird. Zum anderen sind die Ergebnisse einer KI stets kritisch zu hinterfragen; Erfahrungen am Markt sind naturgemäß noch dürftig.

Unterstützung der Buchhaltung

Hier wird der Einsatz von KI repetitive und mühsame Tätigkeiten massiv zurückfahren bzw. erleichtern können. Einen hohen Reifegrad beispielsweise haben bereits Prototypen, die automatisiert etwa Rechnungen auslesen und die korrekten Soll-/Haben Buchungssätze ermitteln und entsprechend verbuchen. Äußerst mühsam in den Häusern sind häufig auch die Prozesse zur Konsolidierung, wo eine KI dem Nutzer Vorschläge zur Intercompany-Eliminierung unterbreiten kann, welche final verifiziert werden können. Derartige Lösungen zahlen sowohl auf die zeitliche wie auch die qualitative Komponente ein.“

"Um die tatsächliche Leistung von (generativer) KI nutzen zu können, benötigen Unternehmen einen modernen Technologie-Stack, Zugang zu hochwertigen Daten und die Fähigkeit, neue Technologien zu integrieren."

Martin Hoser, Partner, KPMG

Martin Hoser

Martin Hoser

Partner, Financial Services
KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Friedrich Bolz

Friedrich Bolz

Partner, Financial Services
KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

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